Gemeinsam gegen alle Kriege! United Against All Wars!

English version below.

Für eine intersektionale und globale Solidarität

Mit dem militärischen Angriff der russischen Regierung auf die Ukraine herrscht seit dem 24. Februar 2022 ein neuer Krieg, der sich seitdem von Tag zu Tag verschärft und Millionen von Menschen gefährdet und zur Flucht zwingt.

Wir solidarisieren uns mit den Menschen in den Kriegsgebieten, mit jenen, die fliehen müssen und den mutigen Demonstrant:innen in Russland und Belarus, die trotz harter Restriktionen und gewaltsamer Eingriffe nicht geschwiegen haben und auf die Straße gegangen sind, um die Entscheidung ihrer Regierung zu kritisieren, der Ukraine den Krieg zu erklären.

Der weltweite Aufschrei, den der Krieg bisweilen auslöst, ist von großer Notwendigkeit. Neben unserer unbedingten Solidarität mit den vom russischen Angriffskrieg betroffenen Menschen in der Ukraine gilt unsere Solidarität dabei auch jenen Menschen in Konfliktgebieten, die kaum eine solche globale mediale Aufmerksamkeit erfahren und die im Schatten des aktuellen Geschehens weiterer Gewalt ausgesetzt sind, etwa die Zivilbevölkerung in Tigray, Afghanistan, Syrien und Yemen, aber auch Armenier:innen im von Aserbaidschan angegriffenen Arzach, Kurd:innen im von der Türkei bombardierten Afrin und der von einem Genozid betroffenen uighurischen Bevölkerung in China, die alle fundamental in ihrem Recht auf Leben und Selbstbestimmung angegriffen werden.

Wir schließen uns den zahlreichen Interventionen von Communities of Color und antirassistischen Initiativen an und bringen unsere Besorgnis über die wachsenden rassistischen und rassifizierenden Spaltungen zum Ausdruck. Mit großer Sorge und tiefer Traurigkeit beobachten wir, wie Schwarze Menschen, Rom:nja und People of Color mit Rassismus und rassistischer Diskriminierung konfrontiert sind. Wir verurteilen, wie Schwarze Menschen, Rom:nja und People of Color, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, bei Grenzkontrollen behandelt werden: Das ist Racial Profiling!

Die mit der friedensliebenden Selbstinzenierung Europas zusammenhängende Konstruktion eines illiberalen und undemokratischen Ostens, schlägt sich derweil in neu entzündeten antislawischen, antirussischen und antiukrainischen Anfeindungen und Diskriminierungen im westlichen Alltag nieder, die aus rassismuskritischer Perspektive dringend adressiert werden müssen. Dass aus der Ukraine flüchtende Menschen als „weißes“ Kollektivsubjekt imaginiert werden, verliert verschiedene Formen des Rassismus in der Ukraine sowie den Antisemitismus aus den Augen, mit dem auch viele Ukrainer:innen als Rom:nja oder als Jüdinnen:Juden konfrontiert sind.

Zugleich werden, entgegen aller auf Menschlichkeit pochender pro-ukrainischer Solidaritätsbekundung und entbürokratisierter EU-Flüchtlingspolitik, People of Color an der Flucht gehindert und von der humanitären Versorgung strukturell ausgeschlossen. Gestützt wird diese Praxis von einem Narrativ rassifizierender Zweiteilung in ‚hilfsbedürftige europäische Nachbarn‘ als legitime Flüchtlinge, die von ’normalen Flüchtlingen‘, ‚illegalen Migrant:innen‘ und als staatenlose seit Generationen im Lande lebende Minderheiten unterschieden werden. Ein Narrativ, dass dieser Tage vermehrt in der medialen Berichterstattung auftaucht. Kurzum: Die koloniale und rassistische Struktur europäischer Migrations- und Staatsbürger:innenschaftspolitik manifestiert sich abermals in bekannter Grausamkeit, wie sich besonders deutlich in der erzwungenen Immobilisierung von Flüchtenden sowie gefährdeten Personengruppen etwa in Libyen und Afghanistan zeigt.

Auf makroökonomischer Ebene erfährt die Legitimierung von Militarisierung und Liberalisierung des Rüstungshandels, von welchem deutsche Konzerne besonders profitieren, einen neuen Aufschwung. Nach der jahrelangen internationalen Tatenlosigkeit gegenüber der russischen Aggressionspolitik gegen die Ukraine, die bereits mit der Annexion der Krim und der Besetzung eines Teil des Donbass im Jahr 2014 begonnen hat, werden die nun eilig beschlossenen Sanktionen neben der weiteren Verarmung eines großen Teils der russischen Bevölkerung auch zur Prekarisierung der bereits marginalisierten Gruppen und Staaten im Globalen Süden führen, was die Notwendigkeit einer langfristigen globalen und postkolonialen Perspektive auf den gegenwärtigen Krieg unterstreicht, um politische Instrumente gegen Kriege in ihrer Wirksamkeit und in ihren Widersprüchen zu verstehen. Die globale Reichweite dieses Kriegs zeigt sich umso mehr im gegenwärtig aufgebauten Szenario einer atomaren Bedrohung und in der politisch wie ökologisch desaströsen Abhängigkeit von fossilen Energieträgern.

Imperialistische Kriege müssen in diesem und in allen anderen Fällen deutlich als solche benannt und unter Einbeziehung sich überlappender globaler Asymmetrien analysiert und kritisiert werden, um wirksame Formen der Solidarität und der Friedenspolitik zu ermöglichen.

Diese Solidarität muss dabei praktisch und intersektional gestaltet sein. Es ist viel zu tun, um auf die Sicherheit von People of Color, von Schwarzen Menschen und von Rom:nja auf der Flucht und beim Ankommen hinzuwirken – im aktuellen sowie in jedem anderen Konflikt. Dabei muss ein besonderes Augenmerk auf mehrfach diskriminierte und besonders gefährdete Gruppen gelegt werden, insbesondere Menschen der LGBTIQA+ Community, queere Menschen of Color, Schwarze und Rom:nja, Jüdinnen:Juden und Muslim:innen, die in Europa leben, sowie Menschen mit Be_Hinderungen. Dabei gilt es auch zu beachten, dass die Flucht aus dem Kriegsgebiet auch von Geschlecht abhängt und cis Männer sowie trans Personen gegen ihren Willen ins Militär eingezogen und damit in ihrem fundamentalen Recht auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung gefährdet werden.

Wir sprechen uns für eine intersektionale Solidarität aus, die allen Menschen in der Ukraine, allen flüchtenden und geflüchteten Menschen aus der Ukraine und anderen Kriegs- und Krisenregionen in der Welt und allen Menschen und Communities in Europa und weltweit gilt, deren tägliche Gewalterfahrungen keine internationale Aufmerksamkeit erhalten.

Wir stellen uns gegen alle Kriege und fordern einen globalen Frieden, von dem alle Menschen und die Umwelt profitieren können.

Solidarität muss intersektional und global sein!

#AllRefugeeLivesMatter

#StopWarEverywhere


United Against All Wars!

For an Intersectional and Global Solidarity

With the Russian government’s military attack on Ukraine, a new war has been raging since February 24, 2022, intensifying day by day, endangering millions of people and forcing them to seek refuge.

We stand in solidarity with the people who have to endure war, with those who have to flee, and with the courageous demonstrators in Russia and Belarus who, despite harsh restrictions and violent interventions, have not remained silent, and took to the streets to criticize their government’s decision to declare war on Ukraine.

The worldwide outcry that this war causes is indispensable. In addition to our unconditional solidarity with the people in Ukraine affected by this aggressive war, our solidarity is also with all those people who endure war but hardly ever receive such global media attention, and who are exposed to ongoing violence in the shadow of the current events, as is the case with the civilian populations in Tigray, Afghanistan, Syria and Yemen, but also with the Armenians in Artsakh, attacked by Azerbaijan, the Kurds in Afrin, bombed by Turkey, and the genocide-affected Uyghur population in China, whose right to life, and to self-determination is fundamentally under attack.

Following the multiple interventions by communities of color and antiracist initiatives, we too want to express our concern about the growing racist and racializing divisions. It is with great concern and deep sadness that we observe how Black people, Romani people, and Refugees of Color have to face racism and racial discrimination. We condemn how Black people, Romani people and People of Color who have fled the war in Ukraine are being treated at border controls: This is racial profiling!

Meanwhile, the construction of an illiberal and undemocratic „East“, in contrast to the image of a peace-loving West-European self-presentation, is reflected in newly inflamed anti-Slavic, anti-Russian and anti-Ukrainian hostility and discrimination in the everyday experiences of these people in the West, which urgently needs to be addressed from an antiracist perspective. The fact that people fleeing the Ukraine are imagined as „white“, and generalized and homogenized within a collective subjectivity, loses sight of various forms of racism and anti-Semitism in Ukraine, which many Ukrainians are also confronted with as Jews, Muslims and Romani people.

At the same time, People of Color are prevented from fleeing and structurally excluded from humanitarian aid, contrary to all pro-Ukrainian declarations of solidarity and debureaucratized EU refugee policies that insist on ‚humanity‘. This practice is supported by a racialized dichotomic policy which differentiates between ‚European neighbors in need of help‘ as legitimate refugees, and ’normal refugees‘, ‚illegal migrants‘ and stateless minorities, who for generations have been and still are part of the different countries – a narrative that increasingly appears these days in media coverages. In short, the colonial and racist structure of European migration and citizenship policies are once again manifesting themselves in well-known cruelty, as is particularly evident in the forced immobilization of refugees, and vulnerable groups in Libya and Afghanistan, for example.

On the macroeconomic level, the legitimization of militarization, and liberalization of the arms trade, from which German corporations particularly profit, is experiencing a new upswing. After years of international inaction against Russia’s policy of aggression against Ukraine, which already began with the annexation of the Crimea and the occupation of parts of the Donbass in 2014, the now hastily adopted sanctions will lead not only to the further impoverishment of a large part of the Russian population, but also to the precarization of already marginalized groups and states in the Global South. This underscores the need for a long-term global and postcolonial perspective on the current war in order to rethink policy instruments against wars with regard to their effectiveness and paradoxes. The global dimension of this war is all the more evident in the currently constructed scenario of a nuclear threat, and the politically and ecologically disastrous dependence on fossil fuels.

Imperialist wars must be clearly named as such – in this and all other cases – and analyzed and criticized by considering overlapping global asymmetries, in order to enable effective forms of solidarity and peace policy.

In this sense, our solidarity must be practical and intersectional. Much needs to be done to work towards the safety of Black people, Romani people and People of Color as they seek refuge – in the current conflict as well as in any other. Special attention must be paid to multiply-discriminated and particularly vulnerable groups, especially LGBTIQA+ communities, queer People of Color, Black and Romani people, Jewish and Muslim people living in Europe, and people with dis_abilities. Finally, it is important to keep in mind that fleeing the war, any war, also depends on gender. Cis men as well as trans* people are being conscripted into the military, and exposed to the traumas of war without any attention to their fundamental right to bodily integrity and sexual self-determination.

We stand for an intersectional solidarity that applies to all people in Ukraine, to all refugees, and all those fleeing from Ukraine, to all refugees from other violent conflicts in the world, and to all people and communities in Europe, and around the world whose daily experiences of violence do not receive international attention.

We oppose all wars, and we demand a global peace from which all people in the world as well as the environment can benefit, and in which all can prosper.

Solidarity must be intersectional and global!

#AllRefugeeLivesMatter

#StopWarEverywhere